25.01.2022
Weimarer Erklärung für ein solidarisches Miteinander
Für Rücksichtnahme, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie – gegen Verschwörungsmythen, Antisemitismus und gegen die Spaltung der Gesellschaft
Als Unterzeichnende der „Weimarer Erklärung für demokratische Bildungsarbeit“ (2019) sehen wir mit großer Sorge, dass die Gedenkstätte Buchenwald in den vergangenen Wochen in bisher ungekanntem Ausmaß Ziel von Hass in Form von Mails und Anrufen geworden ist. In diesen werden die Corona-Schutzmaßnahmen mit dem Nationalsozialismus gleichgesetzt. Wir zeigen uns solidarisch mit den Mitarbeitenden der Gedenkstätte und wehren uns gegen eine Instrumentalisierung der Pandemie durch Geschichtsrevisionisten und Demokratiefeinde.
Keine Instrumentalisierung der Pandemie für demokratiefeindliche Zwecke
Die große Mehrheit der Bevölkerung trägt die Belastungen der Pandemie solidarisch, denn sie weiß: Nur mit gegenseitiger Rücksichtnahme und gesellschaftlichem Miteinander kann es gelingen, sie zu überwinden.
Doch bei den „Spaziergängen“ – auch in Weimar – und in den einschlägigen Telegram-Gruppen geht es inzwischen vielen längst nicht mehr nur um Kritik an einzelnen Infektionsschutzmaßnahmen, sondern auch darum, die demokratische Gesellschaftsordnung an sich und ihre Grundwerte zu delegitimieren. „Spaziergänge“ werden von Rechtsextremen und „Reichsbürgern“ unterwandert. Es werden wissenschaftsfeindliche Desinformationen und antisemitische Verschwörungsmythen verbreitet. Vielfach betreiben „Spaziergänger“ und „Corona-Kritiker“ Geschichtsrevisionismus: Infektionsschutzmaßnahmen setzen sie mit dem Holocaust gleich und behaupten, wir würden in einer „Corona-Diktatur“ leben. Solche Gleichsetzungen verharmlosen nicht nur den Nationalsozialismus und verhöhnen dessen Opfer, sie sind der gezielte Versuch, Zwiespalt zu säen und die liberale Demokratie zu bekämpfen. Deshalb verwahren wir uns dagegen in aller Deutlichkeit.
Demokratischer Diskurs muss sein
Als Weimarer Institutionen der historischen, politischen und kulturellen Bildung schaffen wir Räume für demokratische Debatten. Wir stehen für einen wissenschaftlich fundierten Austausch von Argumenten, der gegensätzliche Meinungen akzeptiert, ohne undemokratischen und menschenfeindlichen Positionen Raum zu geben. Denn Kritik an staatlichen Maßnahmen gehört wie das Recht auf freie Meinungsäußerung und das Versammlungsrecht zu einer funktionierenden Demokratie. Die Achtung der Menschenrechte und der Respekt gegenüber anderen Meinungen und Personen bleibt dabei eine wichtige Grundvoraussetzung für das gesellschaftliche Miteinander.
Für ein solidarisches Miteinander
Gemeinsam setzen wir auf Solidarität und Rücksichtnahme in der Pandemie. Schützen wir nicht nur uns und andere, sondern auch unsere demokratische, offene, freie und solidarische Gesellschaftsordnung, indem wir unsere Stimme erheben: Für ein solidarisches Miteinander!
Prof. Dr. Winfried Speitkamp - Bauhaus-Universität Weimar
Harms Achtergarde - Bürgerbündnis gegen Rechtsextremismus Weimar
Hasko Weber und Sabine Rühl - Deutsches Nationaltheater und Staatskapelle Weimar GmbH
Henrich Herbst - Evangelisch-Lutherischer Kirchenkreis Weimar
Prof. Dr. Christoph Stölzl - Hochschule für Musik FRANZ LISZT Weimar
Dr. Ulrike Lorenz - Klassik Stiftung Weimar
Peter Kleine - Oberbürgermeister der Stadt Weimar
Prof. Dr. Jörg Ganzenmüller - Stiftung Ettersberg
Eric Wrasse - Stiftung Europäische Jugendbildungs- und Jugendbegegnungsstätte Weimar
Prof. Dr. Jens-Christian Wagner - Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora
Ulrich Dillmann - Volkshochschule Weimar/Jugend- und Kulturzentrum mon ami
Prof. Dr. Michael Dreyer - Weimarer Republik e. V.
Ulrike Köppel - weimar GmbH
Zeichnen Sie die Erklärung ebenfalls unter: http://www.weimarer-erklaerung.de